Theater in der Schaffarei: „Aber die Freude!“

„Aber die Freude!“ auf der Schaffarei-Bühne

Die Frau war 24-Stunden-Pflegerin. Sie wohnte im Haus der 86-jährigen Patientin, die seit einem Schlaganfall nicht mehr sprechen und nur noch einen Arm benutzen konnte. Die während der Corona-Pandemie besonders gefährdet war. Die deshalb keinen Besuch ihrer Familie bekam und irgendwann auch keine Anrufe mehr.

Nur die Pflegerin war da, aufopfernd, in einem fremden Land, viele Hunderte Kilometer von ihrer Familie getrennt, tagein, tagaus. Sie umsorgte die alte Frau und mistete eines Tages auf ihren Wunsch mit ihr gemeinsam deren Schränke aus.

Doch die Familie der Alten sah darin keine Hilfe – sondern Diebstahl. Die stumme Pensionistin konnte das Missverständnis freilich nicht aufklären. Und die Pflegerin verlor ihren Job.

„Aber die Freude!“ auf der Schaffarei-Bühne

Die Geschichte ist eine von mehreren, welche die Bregenzer Autorin Daniela Egger in „Aber die Freude!“ vom 19. Juni bis zum 21. Juni auf der Schaffarei Bühne erzählte. An allen drei Abenden fanden im Anschluss an das Stück Diskussionsrunden unter Moderation von Dramaturgin und Autorin Birgitta Soraperra statt: Es diskutieren Heinrich Geissler, selbstständiger Berater und Experte für betriebliche Gesundheitsförderung, Drehbuchautorin Daniela Egger, Manfred Brunner, Büroleiter für die Bereiche Pflege- und Gesundheitspolitik bei der AK-Abteilung Interessenspolitik und Sabine Wittmann, Regional-/Frauensekretärin im Bereich Wirtschaftsbereichskompetenz in der Gewerkschaft GPA. Aber nicht nur die Fachexpert:innen, auch die Zuschauer:innen beteiligten sich rege an den Diskussionen.

Diskussion im Anschluss an „Aber die Freude!“ auf der Schaffarei-Bühne

Echte Schicksale

Die Geschichten, die in „Aber die Freude!“ erzählt werden, sind wahr. „Ich habe im Vorfeld Interviews mit Pfleger:innen geführt. Alles, was im Stück vorkommt, ist authentisch, nichts davon erfunden “, beschreibt Daniela.
„Aber die Freude!“ auf der Schaffarei-Bühne

„24-Stunden-Betreuung ist eine sehr belastende Arbeit, und sie macht einsam, egal wo das ist.“

Die Autorin arbeitet seit 2012 für die Aktion Demenz, beschäftigt sich also auch beruflich intensiv mit dem Thema – und damit verbunden eben auch mit der Pflegesituation. So weiß sie auch, „dass die Rahmenbedingungen für 24-Stunden-Betreuerinnen in Vorarlberg weit besser sind als im Osten Österreichs. Trotzdem ist es eine sehr belastende Arbeit, und sie macht einsam, egal wo das ist.“

Getauschte Rollen

In „Aber die Freude!“ spielt Daniela mit dem Wechsel der Perspektiven. Die Zuschauer:innen sollen sich vorstellen, Österreich wäre arm und sie wären gezwungen, über Monate allein ins reiche Rumänien zu gehen, um Geld für ihre Familien zu verdienen. Die Zuschauer:innen empfinden die Nöte und Sorgen der Pfleger:innen so direkt nach. „Der Perspektivwechsel ist eine sehr einfach Art, sich in die Situation anderer Menschen zu versetzen – zumindest ansatzweise“, erklärt die Autorin.

Drehbuchautorin Daniela Egger und Moderatorin Birgitta Soraperra

„Wir leben so privilegiert, dass wir gerne vergessen, wie sehr das alles auf einem sozialen Ungleichgewicht aufgebaut ist.“

„Wir leben so privilegiert, dass wir gerne vergessen, wie sehr das alles auf einem sozialen Ungleichgewicht aufgebaut ist. Das wird nicht so bleiben und wir wären gut beraten, uns auf Veränderungen einzustellen – wie eine dieser Frauen schon sehr deutlich macht: Österreich wird immer unattraktiver als Arbeitsort.“

AK will Pflege stärken

Die prekäre Situation in der Pflege ist nicht nur eine Geschichte, sondern bittere Realität: Pflegekräfte fehlen schmerzlich, bis 2030 braucht es im Land 2415 zusätzliche. Dabei wird schon jetzt zu wenig Pflegenachwuchs ausgebildet. Darüber hinaus sollen ab 2024 die Diplomausbildungen an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen („DGKP“) wegfallen, für die Ausbildung sollen nur noch 120 FH-Studienplätze pro Jahr zur Verfügung stehen.

Die AK fordert deshalb, dass entweder die erforderlichen Absolventenzahlen auch an der FH erreicht oder dass andernfalls das „DGKP“-Modell weitergeführt werden soll. Außerdem setzt sich die AK für leichtere Einstiege in den Beruf und bessere Arbeitsbedingungen für bereits Beschäftigte ein – etwa für höhere Einkommen, bessere Pflegeschlüssel und Dienstplansicherheit.
Darstellerin Vivienne Causemann, Drehbuchautorin Daniela Egger und Regisseur Suat Ünaldi

In der Schaffarei warten noch jede Menge weiterer, spannender Veranstaltungen. Schau doch mal rein:

Artikel teilen: