Museum des Wandels: Ein Arbeitsleben im Rückblick

Werner Albrecht (c) HannoMackowitz

Mit der offiziellen Eröffnung der Schaffarei in Feldkirch startet am 9. September auch die erste Ausstellung im Museum des Wandels. Im Erdgeschoss präsentiert das Haus für Arbeitskultur mit Werner Albrecht einen Schuhmacher aus Au im Bregenzerwald, der als Pionier des modernen Skischuhs gilt. Die Ausstellung läuft noch bis zum 4. Dezember 2021.

Werner Albrecht wurde 1936 als siebtes von neun Kindern geboren. Von 1951 bis 1954 absolvierte er eine Schuhmacherlehre bei Peter Moosbrugger in Schoppernau und wechselte im Anschluss danach zur Firma Strolz in Lech, in der er, abgesehen von einer kleinen Ausnahme, bis zur seiner Pensionierung arbeitete.

Im Video-Interview blickt der heute 85-Jährige auf ein erfüllendes, außergewöhnliches Arbeitsleben zurück. Zeit, in der er die Entwicklung vom handgenähten Lederskischuh zum modernen Kunststoffskischuh maßgeblich beeinflusst hat.

So geradlinige Lebensläufe gibt es laut der Ausstellungs-Kuratorin Dr. Michaela Feurstein-Prasser heutzutage nicht mehr oft. „Es ist selten geworden, dass Menschen in dem Job in Pension gehen, den sie zu Beginn ihres Arbeitslebens ausgeübt haben.“

Umso faszinierender ist es, Werner Albrecht beim Erzählen zuzuhören. „Ich bin stolz darauf, dass ich Schuhmacher war. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich gemacht habe“, bringt er die tiefe Verbundenheit zu seinem Handwerk auf den Punkt. Albrecht berichtet davon, dass er eigentlich schon immer Schuhmacher werden wollte, wie sein Arbeitsalltag als Skischuhmacher aussah und wie er den Skischuh gemeinsam mit seinem Chef Martin Strolz weiterentwickelte.

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Skischuhmacher Werner Albrecht: Authentisch und inspirierend

Bewusst greift das Museum des Wandels individuelle Geschichten auf und bietet so Anknüpfungsmöglichkeiten für die Besucher:innen. „Das erzeugt Reaktionen wie: Aha, bei mir war es ähnlich. Ich denke genauso. Oder aber: Ich sehe das ganz anders“, so Feurstein-Prasser. Die gebürtige Bregenzerin hat sich bei der Arbeit mit Werner Albrecht selbst oft zurück an ihre Kindheit in Vorarlberg, speziell im Bregenzerwald, erinnert. Die Rückschau dient aber auch zur Reflexion von Arbeit in einem aktuellen Kontext.

Für Michaela Feurstein-Prasser lassen sich am Beispiel von Werner Albrecht einige Faktoren ablesen, die dazu beitragen, Arbeit als erfüllend wahrzunehmen. Faktoren, die auch heute noch gültig sind: ein inspirierendes Miteinander, ein kooperativer, fördernder und von Vertrauen geprägter Führungsstil, konstante Weiterentwicklung und Weiterbildung.

Oder in Albrechts Worten: „Mein Chef, der Martin Strolz und ich, wir waren wie zwei Brüder. Wir haben miteinander die ganzen Schuhe entwickelt und uns fortgebildet. Wir haben geschaut, dass immer etwas weitergeht – das war eine wunderbare Zeit.“

Über das Museum des Wandels

In den letzten 150 Jahren hat sich die Arbeitswelt stark verändert. Unser Arbeitsalltag ist wesentlich schneller geworden, technische Errungenschaften haben viele Arbeitsschritte erleichtert, jedoch auch zahlreiche Berufe überflüssig gemacht. Wer kennt sie heute noch, die Blaudrucker oder Weißnäherinnen, die Buchstabengießer oder Laternenanzünder, die Weichensteller oder Aufzugführer?

Im Erdgeschoss der Schaffarei zeigt das Museum des Wandels, wie sich diese Veränderungen auf einzelne Menschen ausgewirkt haben. Zweimal im Jahr porträtiert die Schaffarei anhand zweier Objekte und eines Interviews ein individuelles Arbeitsleben. Mit der Zeit werden diese Geschichten ein digitales Museum des Wandels bilden.

Michaela Feurstein-Prasser

Die Kuratorin: Dr. Michaela Feurstein-Prasser

Michaela Feurstein-Prasser lebt und arbeitet in Wien. Sie studierte Romanistik und Geschichte und promovierte über französische Besatzungspolitik in Österreich nach 1945. Von 1993 bis 2010 arbeitete sie im Jüdischen Museum Wien in verschiedenen Funktionen, zunächst als Leiterin der Vermittlungsabteilung, dann als Kuratorin.

Seit 2011 ist sie freie Kuratorin und Kulturvermittlerin, teilweise in der Arbeitsgemeinschaft xhibit.at gemeinsam mit Felicitas Heimann-Jelinek. Sie ist Programmkoordinatorin des Curatorial Education Programme der Association of European Jewish Museums, hat zahlreiche Ausstellungen kuratiert, etwa für das Jüdische Museum Hohenems, für das Jüdische Museum Frankfurt und das Wien Museum. Publikationen veröffentlichte sie unter anderem zur französischen Besatzungspolitik und jüdischen Geschichte Österreichs.

Museum des Wandels

Ein Projekt der Schaffarei – Haus für Arbeitskultur

Ausstellung
Werner Albrecht – ein Pionier des modernen Skischuhs
9.9. – 4.12.2021
Schaffarei Feldkirch

Vernissage in Rahmen der Schaffarei-Eröffnung
9.9.2021, 18 Uhr, mit Anmeldung: hey@schaffarei.at

Kuratierung: Michaela Feurstein-Prasser
Fotografie: Hanno Mackowitz
Film & Schnitt: Stefan Krösbacher

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