Georg Bechter Licht: Die Dinge aus neuen Blickwinkeln beleuchten

Auf der Suche nach neuen Übergängen zwischen Licht und Raum entwickelt der Architekt Georg Bechter 2009 seine erste Leuchte aus Gips. Daraus entstanden ist Georg Bechter Licht, ein Unternehmen, das sowohl in der Lichtbranche als auch in der Architektur Dinge aus neuen Blickwinkeln beleuchtet.

Georg Bechter ist gelernter Tischler, studierter Architekt und Designer aus Leidenschaft.

Das erste Leuchtendesign, mit dem er wenig später für Aufsehen sorgt, entsteht 2009 im Rahmen von „Handwerk und Form“. „VERVE“ heißt sie, eine kreisrunde Mulde in der Wand, die durch das Licht erst richtig sichtbar wird.

Bechter, damals als One-Man-Show, präsentiert die Leuchte auf internationalen Messen, unter anderem auf der „Light & Building“. „Da waren 2000 Ausstellende – und ich mit meinem winzigen Stand“, erinnert er sich schmunzelnd. „Damit ich nicht komplett untergehe, habe ich das Einzige gemacht, was ich mir leisten konnte: Ich bin in die Höhe gegangen.“

Der Plan geht auf. Sein „Leuchtenturm“ ist von Weitem sichtbar, das Interesse ist groß. Doch mitten in der damaligen Wirtschaftskrise ist niemand bereit zu investieren. Also nimmt Georg Bechter die Produktion selbst in die Hand.

 

Ein Sprung ins kalte Wasser

Zurück im Bregenzerwald baut er 2010 die ersten Leuchten auf dem Dachboden und gründet neben seinem Architekturbüro ein zweites Unternehmen: Georg Bechter Licht. „Das war ein Sprung ins kalte Wasser“, sagt er heute.

Die Nachfrage steigt und das Produktionspensum wird schnell zu viel für einen alleine. Die ersten Auftragsproduktionen übernehmen Hausfrauen aus der Umgebung in Heimarbeit. Georg Bechter findet Gefallen daran, die Arbeit an Menschen und Unternehmen in der Region, größtenteils im Bregenzerwald, zu vergeben – und ist bis heute dabei geblieben.

Noch immer liegen 85 Prozent der Wertschöpfung im Bregenzerwald: Spritzgussteile, LED-Komponenten, Verpackungen – alles, was geht, lässt Bechter in der Region produzieren.

Innovation, handwerkliche Machbarkeit und Design

Heute steht Georg Bechter Licht für innovative Designlösungen, die auch handwerklich machbar sind. Denn als Handwerker kennt Bechter die Probleme, die in der Umsetzung einer Idee entstehen können. Er wagt sich an Herausforderungen, die die Branche längst aufgegeben hat – und findet Lösungen.

Solche, die eine hohe Lichtqualität bringen und die architektonisch integrierbar sind – wie beispielsweise das preisgekrönte Baldachinsystem für Hängeleuchten, mit dem das Kabel einfach in der Decke „verschwindet“ oder das flächenbündige Dot-System, das auch in Sichtbeton funktioniert.

„Wenn wir aus architektonischer Sicht das Gefühl hatten, da braucht es etwas, dann sind wir dem nachgegangen“, sagt Bechter. „Im Nachhinein betrachtet war es für uns das Beste, dass wir nicht aus der Lichtbranche kommen.“

„Wir staunen manchmal selbst, was für top-qualifizierte Leute sich bei uns bewerben.“

Zwölf Jahre nach der Gründung wird in der Werkstatt vieles nach wie vor von Hand gemacht, auch wenn die Automation inzwischen ebenfalls eingezogen ist. Monotone Arbeitsschritte, wie eine Bohrung in Spritzgussteile zu setzen, übernimmt heute Roboter ‚Robert‘. Arbeitsplätze kostet das keine.

Im Gegenteil: Das Unternehmen wächst und auch das zwanzigköpfige Team wird immer größer. Fachkräftemangel? Für Georg Bechter Licht kein Thema. „Wir staunen manchmal selbst, was für top-qualifizierte Leute sich bei uns bewerben.“ Für Bechter ein Zeichen, dass er wohl doch einiges richtig macht.

Wichtige Entscheidungen gemeinsam im Team zu treffen, ein Bonus für nachhaltige Veränderungen, die gemeinsame Mittagspause, bei der dreimal pro Woche für das gesamte Team gekocht wird und der „Lazy Friday“–Nachmittag mit gemeinsamem Freizeit-Programm alle paar Wochen wirken sich positiv auf die Stimmung im Team aus. Ebenso wie die Wertehaltung, die das Team bei Georg Bechter Licht teilt.

„Wir kaufen unsere Leuchten zurück“

Dazu gehört unter anderem, nicht nur die Kosten, sondern eben auch den Wert der Dinge in wirtschaftliche Überlegungen mit einzubeziehen. Etwa in die Frage was passiert, wenn „das Licht ausgeht“. Bechter war der erste Hersteller, in dessen Leuchten die LED-Chips austauschbar waren.

Mehr noch: „Wir kaufen unsere gebrauchten Leuchten zurück“, sagt Bechter. Denn jede Leuchte ist so konzipiert, dass man sie zur Gänze auseinanderbauen und die einzelnen Elemente weiterverwenden kann – auch nach 20 Jahren noch.

Eine ausgezeichnete Denkwerkstätte

Aus dem ehemaligen Heustadel samt Kuhstall des elterlichen Betriebes in Hittisau hat Georg Bechter inzwischen eine hybride Arbeitsstätte für sein Architekturbüro und für Georg Bechter Licht geschaffen. Für diese „Denkwerkstätte“ hat der Architekt 2021 den Staatspreis für Nachhaltigkeit gewonnen.

Wer einmal dort war, ahnt warum: Helle Arbeitsplätze mit viel heimischem Holz und Stampflehmboden, ein Wintergarten für die gemeinsamen Kaffee- und Mittagspausen und ein innenliegender Balkon, der den Ausblick auf Hittisau rahmt wie ein Gemälde, schaffen einen Ort mit Atmosphäre. Eine, in der es sich vortrefflich darüber nachdenken lässt, wie sich die Dinge auch in Zukunft aus neuen, nachhaltigen Blickwinkeln beleuchten lassen.