Sabino Juriatti: „Ich bin wahnsinnig stolz darauf, wo ich jetzt bin“

In seiner Schulzeit hat Sabino alles andere lieber getan, als zu lernen. Golf spielen zum Beispiel. Trotzdem entscheidet er sich gegen eine Golfkarriere und macht stattdessen eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann im Holzfachhandel. 15 Jahre später drückt Sabino wieder die Schulbank. Die Ausbildung zum Diplom-Sozialbetreuer absolviert er mit Auszeichnung. Bei den ArbeitsLebensGeschichten in der Schaffarei erzählt er, warum für ihn der Praxisbezug beim Lernen so wichtig ist, was er an der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen schätzt und ob sich sein Ausbildungsmarathon bezahlt gemacht hat.

Schule ist seine Sache nicht. Schon in der Sporthauptschule weiß Sabino mit dem, was er hier lernen soll nichts anzufangen – vom Sport einmal abgesehen. Auch in der Handelsschule glänzt er mit einem Rekord an Fehlstunden statt mit Leistung. Was seine Eltern damals nicht wissen: Wenn Sabino morgens das Haus verlässt, geht er statt in die Schule schnurstracks auf den Golfplatz.

Kein Wunder, dass er mit einem Fuß bereits im Österreich-Kader steht. Irgendwann stellt sein Vater ihn jedoch vor die Wahl: Entweder, er wird Profi oder er macht eine Ausbildung. Sabino entscheidet sich für Letzteres und beginnt eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann im Holzfachhandel. Eine Entscheidung, die sich über 13 Jahre lang als goldrichtig erweisen sollte. 

Eine tolle Zeit im Holzfachhandel

Noch heute schwärmt er von seinem damaligen Chef, der ihn auf seinem Weg begleitet, ihn fordert, ihm aber auch sehr viel Vertrauen schenkt. „Ich durfte alles ausprobieren und habe so ziemlich überall mitgemischt“, erinnert sich Sabino.

Auch als Mentor für einen Mitarbeiter mit integrativem Arbeitsplatz nimmt sich der inzwischen Mitte 20-Jährige gerne Zeit, bindet ihn in den Arbeitsalltag ein und bringt ihm vieles bei. Er merkt: Die Arbeit mit Menschen mit Förderbedarf entschleunigt auch ihn.

 Alles läuft wunderbar – bis sein bisheriger Chef in den Ruhestand geht. Mit dem neuen Chef gibt es immer wieder Differenzen, bis es schließlich zum Bruch kommt. Sabino kündigt –relativ unreflektiert, wie er heute sagt. Denn damals, um 2015 herum, hat er mit seiner heutigen Frau bereits einen einjährigen Sohn und ist gerade dabei, ein Haus zu bauen.

Sabino Juriatti

Bewerbung an der Kathi-Lampert Schule

 

Auf den Gedanken in den Sozialbereich zu wechseln bringt ihn ein Freund, der zu dieser Zeit bei der Caritas arbeitet. Er solle doch zu ihnen kommen, im Sozialbereich suche man immer Männer. Der Gedanke gefällt Sabino und er bewirbt sich an der Kathi-Lampert-Schule für die Ausbildung zum Diplom-Sozialbetreuer.

Dort allerdings dauert das Aufnahmeverfahren lange, also macht Sabino einen Abstecher in die Lagerlogistik, wo er für ein Jahr arbeitet. Das sichert die Finanzierung seiner Ausbildung. Denn als inzwischen über 30-Jähriger erhält Sabino Unterstützung von der Connexia-Emplacement-Stiftung, die zweite Bildungswege fördert. „Anders hätte ich mir die Ausbildung nicht leisten können“, ist er sich bewusst.

Doch finanziellen Spielraum bleibt der kleinen Familie keiner. Zweifel, ob die Richtung oder der Zeitpunkt stimmen, hat Sabino jedoch nie. Schließlich schafft er nach einem umfangreichen Auswahlverfahren als einer von 30 Bewerber:innen die Aufnahme und beginnt im Herbst 2017 mit der berufsbegleitenden Ausbildung.

Parallel dazu arbeitet er an drei Tagen bei zwei Projekten der Caritas. „Das war super, weil ich immer direkt umsetzen konnte, was ich gelernt habe“, sagt Sabino. Die Ausbildung schließt er als einer von sechs Absolvent:innen mit ausgezeichnetem Erfolg ab. Doch das ist erst der Anfang – die Studienberechtigungsprüfung und der Aufbaulehrgang zum Sozial-Pädagogen sollen folgen.

Studienberechtigungsprüfung und Aufbaulehrgang zum Diplom-Sozialpädagogen

 

„Für uns als Familie war die Ausbildungszeit schon ziemlich hart“, erinnert Sabino sich. Das junge Paar hat inzwischen geheiratet und ein zweites Kind bekommen. „Meine Frau war in Karenz und ich habe kaum was verdient.“ Wenn seine Frau in dieser Zeit beruflich nicht zurückgesteckt hätte, wäre es nicht möglich gewesen, gleich nochmal eine Ausbildung anzuhängen.

„Für uns als Familie war die Ausbildungszeit schon ziemlich hart.“

Während der 38-Jährige mit der Studienberechtigungsprüfung und dem traditionellen Schulsetting noch immer seine Mühe hat, fühlt er sich in der Erwachsenenbildung sehr wohl. „Ich kann Dinge nur dann gut aufnehmen, wenn sie mich interessieren und ich sie wirklich brauchen kann“, sagt er.

Zum Zeitpunkt der ArbeitsLebensGeschichte im Oktober 2022 hat Sabino die Studienberechtigungsprüfung jedoch längst geschafft. Auch den Aufbaulehrgang wird er im kommenden Jänner abschließen. Mit Anfang 2023 übernimmt er zudem die Leitung der Caritas-Projekte „Zäwas“ und „Gschickt & Gschwind“ in Bludenz.

"Ich bin wahnsinnig stolz darauf, wo ich jetzt bin."

„Wer weiß, was man an einer Supermarktkassa oder als Einzelhandelskaufmann verdient merkt schnell: Der Sozialbereich ist sehr gut bezahlt.“

Fachlich hat sich der zweite Bildungsweg also mehr als gelohnt. Doch wie sieht es finanziell aus? Verdient man genug, dass sich so eine Umschulung auch wirtschaftlich lohnt? Auch dazu findet Sabino klare Worte: „Wer weiß, was man an einer Supermarktkassa oder als Einzelhandelskaufmann verdient merkt schnell: Der Sozialbereich ist sehr gut bezahlt.“

Für den zweifachen Familienvater jedenfalls ist klar: Er ist genau dort wo er hingehört und er würde das Risiko immer wieder eingehen, das eine Umschulung mit sich bringt. „Folgt eurem Herzen, und macht das, von dem ihr denkt, dass es das Richtige ist“, lautet sein Rat an alle, die vor einer ähnlichen Entscheidung stehen. „Lasst euch da nicht reinreden. Wenn ich auf alles das gehört hätte, was man mir gesagt hat, wäre ich heute nicht da, wo ich bin – und ich bin wahnsinnig stolz darauf, wo ich jetzt bin.“

„Folgt eurem Herzen, und macht das, von dem ihr denkt, dass es das Richtige ist.“

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