Drucker Ferdinand Hagspiel im Museum des Wandels

Ferdinand Hagspiel

Seit den 1980er-Jahren hat sich das Druckereigewerbe gravierend verändert. Innerhalb einer Generation wurde eine jahrhundertealte Kulturtechnik fast vollständig von neuen Technologien abgelöst. Ein Zeuge dieser Entwicklung ist Ferdinand Hagspiel. 1965 beginnt er seine Lehre zum Drucker. Seinen Beruf übt er 37 Jahre lang in mehreren Druckereien aus. Vom Satz einzelner Druckbuchstaben über den Maschinensatz bis zum Offsetdruck erlebt er zahlreiche technische Errungenschaften mit. Im Museum des Wandels der Schaffarei erzählt Hagspiel, wie er die vielen Veränderungen in seinem Arbeitsleben wahrgenommen hat.

Ferdinand Hagspiel wird 1949 als zweites von vier Kindern in Alberschwende geboren. Seine Kindheit verbringt er im Bregenzerwald und später in Satteins. Ab 1960 besucht er das Gymnasium in Feldkirch, doch Spaß macht ihm die Schule nicht.

Über eine Anzeige im Gemeindeblatt stößt er 1965 auf eine Druckerei-Lehrstelle. „Mein Vater meinte, das sei ein guter Beruf“, erinnert sich Hagspiel. Einen Monat später beginnt er seine Lehre in der Buchdruckerei Stocker in Feldkirch.

In knapp 40 Jahren als Drucker erlebt Ferdinand Hagspiel gleich mehrere Umbrüche mit. In seiner Lehre lernt er noch, Schriften zu zeichnen und traditionelle Buchdruck-Verfahren mit Blei-Lettern. Bis in die 1960er Jahre werden Druckformen in Handarbeit gesetzt.

Die erste technische Errungenschaft erhält mit dem Maschinensatz Einzug in Ferdinand Hagspiels Leben und erleichtert den Arbeitsalltag: „Da hat der Setzer dann gleich ganze Satzteile in Blei gegossen, wodurch die Arbeit viel schneller ging.“

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Vom Buchdruck zum Siebdruck zum Offsetdruck

Ab 1972 arbeitet Ferdinand Hagspiel bei der Firma Getzner Chemie, wo er Verkehrsschilder im Siebdruckverfahren bedruckt. Die Umstellung auf den Siebdruck fällt ihm nicht schwer, doch die Arbeitsbedingungen sind hart.

„Wir mussten laut Kollektivvertrag jeden Tag einen halben Liter Milch trinken. Weil die Nitro-Lösungen, die man zum Reinigen der Siebe verwendet hat, wirklich ungesund waren. Und die Kleider haben jeden Abend gestunken.“

Zwei Jahre später wird die Verkehrsschild-Produktion eingestellt und Ferdinand Hagspiel findet eine Arbeitsstelle bei der Druckerei Possenig in Bludenz.

Dort wird er Anfang der 1980er-Jahre mit dem nächsten Umbruch im Druckgewerbe konfrontiert: Gemeinsam mit etwa zehn anderen Buchdruckern im Land schult er um zum Offsetdrucker, da immer mehr Druckereien im Land auf das moderne, deutlich schnellere Druckverfahren umstellen.

Bis 2002 arbeitet Ferdinand Hagspiel bei Possenig, bis die Firma wie viele andere Druckereien in Vorarlberg beginnt, Maschinen zu verkaufen und Stellen abzubauen. Nach 27 Jahren verliert er seinen Job und arbeitet bis zu seiner Pensionierung als Lagerarbeiter bei Hämmerle Kaffee in Bludenz.

Ich habe alles so genommen, wie es dann kam.

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Veränderung als Herausforderung

Angst vor Veränderungen hatte Hagspiel nie: „Jeder Beruf hat Probleme, aber die sind halt da, dass man sie meistert.“ Da ist er sehr pragmatisch. Auch was den Stellenwert der Arbeit in seinem Leben betrifft: „Bei mir war es immer so: Ich arbeite, um zu leben. Andere sagen: ‘Ich lebe, um zu arbeiten.’ Ich habe Interesse am Beruf gehabt, aber das Geldverdienen war im Vordergrund.“

Eine bemerkenswerte Lebenseinstellung, findet Dr. Michaela Feurstein-Prasser, die Kuratorin der Ausstellung: „Ferdinand Hagspiels Arbeitsbiografie zeigt, dass ein Beruf auch dann erfüllend sein kann, wenn man ihn nicht als Berufung sieht. Ferdinand hat sich Herausforderungen gestellt und war immer stolz auf das, was er geschafft hat.“

Handsatz und Maschinensatz

Bei mir war es aber immer so: Ich arbeite, um zu leben.

Über das Museum des Wandels

In den letzten 150 Jahren hat sich die Arbeitswelt stark verändert. Unser Arbeitsalltag ist wesentlich schneller geworden, technische Errungenschaften haben viele Arbeitsschritte erleichtert, jedoch auch zahlreiche Berufe überflüssig gemacht.

Das Museum des Wandels der Schaffarei zeigt, wie sich diese Veränderungen auf einzelne Menschen ausgewirkt haben. Regelmäßig porträtiert es anhand zweier Objekte und eines Video-Interviews ein individuelles Arbeitsleben. Mit der Zeit werden diese Geschichten ein digitales Museum des Wandels bilden.

Michaela Feurstein-Prasser

Die Kuratorin: Dr. Michaela Feurstein-Prasser

Michaela Feurstein-Prasser lebt und arbeitet in Wien. Sie hat Romanistik und Geschichte studiert und über französische Besatzungspolitik in Österreich nach 1945 promoviert. Seit 2011 ist sie freie Kuratorin und Kulturvermittlerin. Feurstein-Prasser war auch die Kuratorin der vergangenen drei Ausstellungen im Museum des Wandels.

Museum des Wandels

Ein Projekt der Schaffarei – Haus für Arbeitskultur

Ausstellung
Drucker Ferdinand Hagspiel – Eine Branche unter Druck
9.3. – 11.4.2023
Mo bis Fr, 9–18 Uhr
Foyer der AK Vorarlberg, Feldkirch

Vernissage – Eintritt kostenlos
9.3.2023, 19 Uhr
Mit Kuratorin Michaela Feurstein-Prasser und Drucker Ferdinand Hagspiel

Kuratierung: Michaela Feurstein-Prasser
Fotografie: Hanno Mackowitz
Film & Schnitt: Stefan Krösbacher

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