Sich ins Scheinwerferlicht stellen. Das Gemurmel erstirbt. Die Menschen blicken erwartungsvoll. Und dann einen eigenen Text vortragen. Für die meisten Menschen ist das der pure Horror. Stefan Abermann lebt davon. Obwohl oder gerade, weil es ihm zu Anfang so gründlich missglückt ist.
Wenige Dinge standen schon zu Beginn der zweiten Ausgabe des Schaffarei Festivals fest. Die AK würde das Festival zur Arbeitskultur bei strahlendem Spätsommerwetter über die Bühne bringen. Das Harder Binnenbecken würde die perfekte Kulisse sein. Und am Ende der drei Tage würde ein Manifest die Zukunft der Arbeit aus Arbeitnehmersicht umreißen. Mit welchem Inhalt? Keine Ahnung. Alles offen. Der Innsbrucker Poetry Slamer Stefan Abermann aber musste das Manifest quasi druckfrisch in seiner Sprache auf die Bühne bringen. Kaum gelesen, schon erzählt. Daran gemessen spazierte er Samstagmittag ziemlich gelassen ins Zirkuszelt der Manifest-Beratungen.
Stefan Abermann hat in Innsbruck vergleichende Literaturwissenschaft und Germanistik studiert. „Eine brotlose Kunst.“ Er hat geglaubt, „dass man dort lernt, wie man ein großer Schriftsteller wird.“ Die Ernüchterung trieb ihn der Architektur in die Arme. „Aber bevor mir ein Haus einstürzt, hab ich‘s wieder gelassen.“
Heute hat der Autor auch schon ein Kindertheaterstück verfasst mit dem Titel „Beam us up, Opa“; es handelte von Demenz. Der Poetry Slam hat ihn immer gereizt. Leicht war es nicht. „Aber mein erstes Komplettdesaster hat mich so herausgefordert, dass ich es einfach wissen wollte.“ 2003 war Poetry Slam noch ein komplett neues Format. 2008 gewann Abermann die Österreich-Meisterschaften.
Wie skizziert Abermann für sich selber die best- und die schlechtestmögliche Zukunft der Arbeit? „Hm“, da denkt er erst nach. „Worst case wäre wohl, wenn ich meine Kreativität verliere, um Texte zu schreiben. Wenn mir eines Tages die Energie fehlt, um der Welt künstlerisch zu begegnen.“ Gewiss, auch ein Computer kann, indem er größere Textmengen analysiert, eigenständig Texte verfassen. „Ein Horror wäre es, wenn das der Gesellschaft eines Tages genügt.“
Und die bestmögliche Zukunft seiner Arbeit? „Da bin ich bescheiden“, sagt Abermann. „Ich würde mir wünschen, dass meine Familie und ich noch lange von dem leben können, was ich mache.“ Das hat der Poetry-Slamer und Autor Stefan Abermann wohl mit den meisten Arbeitnehmer*innen gemeinsam.