Wie es ist, im Marketing einer hippen, veganen Food-Company zu arbeiten? Wenn man sich die Wochenstunden unserer „Mut-/ Wutausbruch“-Protagonistin ansieht, nicht so prickelnd. Das Theaterstück „Ich würde halt lieber nicht“ erzählt von den Herausforderungen, den richtigen Job zu finden und von schlechten Arbeitsbedingungen in einer Branche, in der der Schein oft trügt. Am Samstag, 11. September, 19 Uhr, wird es auf der Klub-Bühne im Rahmen der Schaffarei-Eröffnung zu sehen sein.
Geschrieben hat den „Mut-/ Wutausbruch“ Verena Rossbacher. Im Jahr 2009 sorgte die gebürtige Bludenzerin mit ihrem Debütroman „Verlangen nach Drachen“ für Aufsehen. Darauf folgten die Einladung zum Bachmann-Preis sowie zwei weitere Romane. Ihr neuestes Buch „Mon Cherie und unsere demolierten Seelen“ erscheint im Frühjahr. „Ich würde halt lieber nicht“ ist eines von mehreren Theaterstücken, welche die Wahl-Berlinerin schon veröffentlicht hat.
Für ein Romanprojekt hat sie sich intensiv mit der Branche für vegane Lebensmittel beschäftigt und die Protagonistin für das Theaterstück kurzerhand von dort entliehen. Nur etwa 15 Minuten dauert der Monolog der namenlosen Marketing-Mitarbeiterin, dargestellt von der Schauspielerin Anja Dreischmeier. 15 Minuten, die es in sich haben.
Sechzehn Stunden am Tag, sieben Tage die Woche
Zum einen geht es um die Schwierigkeit der Berufswahl. Im Gegensatz zu Verena Rossbacher, die schon früh wusste, dass sie Schriftstellerin werden möchte, fällt es der Protagonistin ausgesprochen schwer, sich auf einen Beruf festzulegen. Nach Jahren des Ausprobierens strandet sie schließlich als Quereinsteigerin im Marketing. Und macht den Job doch nur, um ihre Rechnungen bezahlen zu können.
An ihrer Arbeits-Verdrossenheit kann auch die hippe Büroeinrichtung des schnell gewachsenen Start-ups nichts ändern: Apple-Computer, smoothe Loungemusik, Fairtrade-Kaffee, Afterwork-Drinks und gemütliche Ecken, um ins Gespräch zu kommen. „Wenn ich in einem Büro arbeiten würde, dann so“, lacht Verena Rossbacher.
Für sie bringt modernes Arbeiten auch Vorteile mit sich. Etwa, dass Unternehmen sich Gedanken darüber machen, wie sie die Kreativität ihrer Mitarbeitenden fördern können. Rossbachers Erzählung macht aber auch deutlich, wie schnell sich in einem solchen Umfeld die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit verwischen lassen. Das Resultat: viel Arbeit bei schlechter Entlohnung.
Im Kreise ihrer jungen Kolleg:innen fühlt sich die etwa Anfang 40-jährige Protagonistin außerdem wie ein prähistorisches Überbleibsel. „Für meine Eltern war es keine Frage, dass man einen Job behält. Heute kann man für einen Job zu alt werden und das Gefühl bekommen, dass man nicht mehr modern genug dafür ist“, beschreibt Rossbacher die Situation ihrer Hauptfigur.
Hinzu kommt, dass sie eben einfach lieber nicht arbeiten würde. „Sie war in keinem Job glücklich. Sie will nicht arbeiten. Man kann es ihr nicht recht machen“, bringt es Rossbacher auf den Punkt. Da hilft das beste und modernste Arbeits-Setting nichts.
Was braucht es also, um in der Arbeit Glück und Erfüllung zu finden? Eine Antwort darauf hat die „Ich würde halt lieber nicht“-Protagonistin (noch) nicht gefunden. Verena Rossbacher dagegen verfolgt einen eigenen Ansatz. Ihr Tipp an alle, die sich über die Berufswahl Gedanken machen: „Ich würde jedem empfehlen, ein Handwerk zu lernen und dann zu studieren. Wann man geistig mal müde ist, hat man etwas, wohin man zurückkehren kann. Bei mir wäre das Bäckerin oder Köchin.“
Umsetzung durch das Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung
Inszeniert wird das Theaterstück vom Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung. Mit ihren Produktionen zeigen Regisseur Stephan Kasimir und die Ausstatterin Caro Stark Innovationsfreude und keinerlei Scheu vor komplexem Theater. Besonderen Fokus legt das Ensemble auf Stücke zeitgenössischer Autor:innen. Und auf Themen abseits der Banalität. “Ich würde halt lieber nicht” von Verena Rossbacher scheint also wie geschaffen für das Künstler:innen-Duo.
Besondere Relevanz hat das Stück für Caro Stark, da es sich auch mit dem Thema der (Selbst-)Ausbeutung in der Arbeitswelt auseinandersetzt. Sie freut sich darauf, mit dessen Inszenierung Teil der Schaffarei-Eröffnung zu sein und auf Missstände im Arbeits-Kontext aufmerksam zu machen. Heutzutage sei es ihrer Ansicht nach fast nicht mehr möglich, in einem normalen Beruf über die Runden zu kommen. „Wir arbeiten nicht mehr, um uns selbst zu ernähren, sondern um einige wenige Menschen reich zu machen.“
Über die „Mut-/ Wutausbrüche“
Mit dem Format „Mut-/ Wutausbruch“ bringen wir brisante arbeitsrelevante Themen auf die Klub-Bühne in der Schaffarei. Im Zentrum der kurzen Theatermonologe steht immer ein Arbeitskonflikt, der nachdenklich stimmt und Diskussions-Stoff liefert: Mal geht es um die verzweifelte pflegende Angehörige am Ende ihrer Kräfte. Um eine erschöpfte Führungskraft, die am Sonntagnachmittag E-Mails beantwortet, anstatt Zeit mit der Familie zu verbringen. Oder um eine Frau, die entdeckt, dass sie ein Drittel weniger verdient als ihr Kollege, dabei aber viel mehr Leistung bringt.
Im Anschluss an das Stück gibt es Berichte aus der Praxis, arbeitspolitisches Feedback zum Thema und ein moderiertes Publikums-Gespräch.
„Ich würde halt lieber nicht“ – Theaterstück von Verena Rossbacher
Aufführung im Rahmen der Schaffarei-Eröffnung
11.9.2021, 19 Uhr, mit Anmeldung: hey@schaffarei.at
Inszenierung: Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung