Christian Ammann: „Ich kann stur wie ein Steinbock sein“

Auf den ersten Blick hat Christian Ammanns heutiger Beruf wenig mit seinem bisherigen Werdegang zu tun: Der Betriebsleiter im Wildpark Feldkirch ist gelernter Werkzeugmacher und war viele Jahre als Ausbildungsleiter tätig. Was seine Karrieren verbindet, sind seine privaten Interessen: die Natur, die Tierwelt und die Jagd. Wie sich das alles zusammenfügt und warum es hilft, manchmal stur wie ein Steinbock zu sein, erzählte er bei den ArbeitsLebensGeschichten in der Schaffarei.

Für den Ältesten von fünf Kindern ist schon nach der Pflichtschule klar: Er will arbeiten gehen. „Irgendwas mit Holz“, stellt der 16-jährige Christian Ammann sich vor. Sein Vater jedoch ist überzeugt: Im Metall liegt die Zukunft. Nach einem Tag der offenen Tür bei König in Rankweil beginnt Christian also eine Lehre als Werkzeugmacher und merkt schnell: „Das taugt mir voll!“ Sein Ehrgeiz erwacht. Beim Lehrlingswettbewerb holt er sich als Landessieger den „Metalloskar“ und auch die Lehrabschlussprüfung schließt er als Bester seines Jahrgangs mit Auszeichnung ab.

 

Nicht ganz unbeteiligt daran ist sein damaliger Ausbilder Sigi Lins. Er ist es auch, der in Christian den Wunsch weckt, selbst Lehrlingsausbilder zu werden. Doch bis es so weit ist, sollen noch ein paar Jahre vergehen. Christian absolviert die Wehrpflicht und beginnt dann bei Lercher Werkzeugbau in Klaus. 1994 nutzt er seine angesammelten Überstunden, nimmt eine Auszeit und entdeckt das Reisen für sich. Ein halbes Jahr verbringt der Viktorsberger in Kanada und Alaska, besucht Freunde und Verwandte und streift tagelang alleine durch die Wildnis, um Elche, Grizzlys und Schwarzbären zu beobachten. Zurück in der Heimat wechselt Christian zu Hilti. Doch auch hier ist keine Stelle als Lehrlingsausbilder frei. Dann kommt ein Angebot von Hirschmann: Mit 26 Jahren übernimmt Christian dort nach circa einem halben Jahr die Leitung des Lehrlingswesens – und bildet in den darauffolgenden 14 Jahren rund 400 Lehrlinge aus.

Alaska 2007 Christian Ammann
Alaska 2007


Zwischen Kamtschatka und Ardetzenberg

Privat zieht es Christian immer wieder an Orte, die die Meisten wohl nur vom Hörensagen kennen: nach Kamtschatka zum Beispiel oder nach Tadschikistan. Und obwohl auch die Jagd inzwischen einen wichtigen Platz in seinem Alltag eingenommen hat, reist Christian meistens ohne Gewehr. Seine Trophäen schießt er lieber mit der Kamera. Überhaupt ist das Jagen für den heute 50-Jährigen bestenfalls zweitrangig. Die Hege des Wildes, die Sicherung des Bestandes und der Erhalt der Lebensräume liegen ihm weit mehr am Herzen. Deswegen lässt er sich 2011 zum Jagdschutzorgan ausbilden und geht dieser Tätigkeit seither nebenberuflich in unterschiedlichen Revieren nach. Parallel dazu ist er als Kursleiter in der Jagdschule der Vorarlberger Jägerschaft aktiv. Und hier schließt sich der Kreis. Einige Mitglieder des Wildparkvorstands sind Jäger. Und als 2013 der Wildpark Feldkirch eine neue Betriebsleitung sucht, bekommt Christian das Angebot, die Stelle zu übernehmen. Doch zu diesem Zeitpunkt liegt schon ein anderes Jobangebot auf dem Tisch, eines aus dem Werkzeugbau. Der zweifache Familienvater überlegt lange. Den Ausschlag für die Entscheidung gibt ein Argument seiner Frau Claudia, wie Christian sich erinnert:

„In den Werkzeugbau kannst du immer wieder gehen, hat meine Frau gesagt. Aber die Chance im Wildpark kommt nie wieder.“

Christian Ammann, Wildpark
Wildpark in Feldkirch


Die Weiterentwicklung des Wildparks, das Arbeiten mit den Tieren, all das macht Christian mit Herzblut. „Es ist ein toller Job“, sagt er. Doch es gebe auch viele Herausforderungen. Vor allem die finanziellen Möglichkeiten seien in einem Verein nicht mit jenen in der Privatwirtschaft zu vergleichen. Auch wenn der Wildpark jährlich um die 180.000 Besucher:innen zählt, das Geld ist immer knapp. Wie sich der Wildpark in den vergangenen neun Jahren dennoch verändert hat, zeigt sich bei einem Rundgang: Etliche Gehege und der von der Lebenshilfe betriebene Kiosk sind neugestaltet und so manches Tier ist in den letzten Jahren in den Wildpark eingezogen. Vieles brauche mehr Zeit, aber wenn er von einer Sache überzeugt sei, versuche er auch, sie durch- und umzusetzen. „Da kann ich stur sein wie ein Steinbock“, lacht Christian.


Einmal Ausbilder, immer Ausbilder

Seit zwei Jahren kann Christian Ammann auch seine Qualitäten als Lehrlingsausbilder wieder unter Beweis stellen: Franziska Loretz macht ihre Lehre als Tierpflegerin im Wildpark Feldkirch – und steht ihrem Ausbilder in puncto Ehrgeiz in nichts nach. Bereits das zweite Mal in Folge ist Franziska Jahrgangsbeste in ganz Österreich. Christian und seine Mitarbeiterin Birgit Wedl haben viel investiert, um das möglich zu machen: Sie haben selbst noch einmal die Schulbank gedrückt und ihrerseits die Tierpfleger:in-Prüfung abgelegt. Eine Herausforderung neben allem anderen. Aber mit Herausforderungen kann Christian umgehen. „Was ich mir vorgenommen habe, habe ich bisher auch geschafft“, sagt er.

„Was ich mir vorgenommen habe, habe ich bisher auch geschafft“.

Auch wenn sein kleines Team alles gibt – bei den zahlreichen Arbeitseinsätzen im und um den Wildpark ist Christian auf helfende Hände angewiesen. Zuletzt war eine Gruppe von Hilti-Mitarbeiter:innen zur Stelle, um das Fuchs- und das Murmeltiergehege neu zu gestalten und auch Lehrlingsgruppen packen immer wieder mit an. Besonders freut sich Christian, wenn er unverhofft bekannte Gesichter trifft: „Oft kommen ehemalige Lehrlinge schon mit ihren Kindern in den Wildpark. Es macht mich stolz, wenn ich höre, dass sie ihren Weg gegangen sind und wie gut sie sich gemacht haben.“


Ein doppeltes Jubiläum im Wildpark

2023 ist ein großes Jahr für den Wildpark Feldkirch – und auch für Christian Ammann. Der Wildpark feiert sein 60-jähriges Bestehen und Christian sein 10-jähriges Jubiläum als Betriebsleiter. Hat er einen Wunsch für dieses Doppeljubiläum? „Dass wir auch tatsächlich umsetzen können, was für die kommenden Jahre geplant ist“, sagt er. Ideen genug habe er – die nötige Beharrlichkeit hoffentlich auch.

Artikel teilen: