Was macht ein Unternehmen zu einem „Great Place to Work“?
Dieser Frage ging die vierte Exkursion „GutePraxis“ am 12. Mai 2023 in zwei großen Vorarlberger Betrieben auf den Grund: bei der Omicron electronics GmbH in Klaus und bei der Haberkorn GmbH in Wolfurt.
An einem regnerischen Freitagmorgen trafen sich im Foyer der Arbeiterkammer HR-Verantwortliche, Menschen in Umorientierung, Wiedereinsteigerinnen, interessierte Pensionist:innen und eine Pflichtschul-Abschlussklasse des BFI.
Sie alle hatten ein gemeinsames Ziel: Ein Blick in die Arbeitswelten von zwei international erfolgreichen Vorarlberger Unternehmen: Omicron und Haberkorn, begleitet von Brigitta Soraperra und Matthias Moosbrugger.
Erste Station: Omicron electronics in Klaus
Wenn der Name Omicron fällt, folgen in der Regel zwei Fragen: „Was machen die eigentlich genau?“ Und: „Die tun doch so viel für ihre Mitarbeitenden, oder?“
Diese Fragen beschäftigten auch die Teilnehmenden auf der kurzen Busfahrt von der Arbeiterkammer in Feldkirch bis zum Omicron Campus in Klaus. Hier jedoch sollte es nicht lange dauern, bis diese und viele weitere Fragen beantwortet werden sollten.
Nicole Wohlgenannt vom Corporate-Communications-Team hieß die Gruppe herzlich willkommen und übergab dann das Wort an ihre Kolleg:innen. In zwei kurzweiligen Vorträgen gaben Hannes Tschütscher vom HR-Team und Christina Röthlin vom neu geschaffenen Team „Diversity & Inclusion“ einen Einblick in ihre Fachgebiete.
Gleich eingangs lüftete Hannes das „Geheimnis“ um den Tätigkeitsbereich von Omicron: Das 1984 in Vorarlberg gegründete Unternehmen hat sich dem Ziel verschrieben, die Stromversorgung sicherer und zuverlässiger zu gestalten. Dafür entwickelt Omicron Prüf- und Diagnoselösungen für Stromversorger und Großabnehmer.
Inzwischen beschäftigt das Unternehmen rund 1100 Mitarbeitende an 24 Standorten weltweit, rund 700 sind es in Vorarlberg. Die Arbeitskultur im Haus sei, so fährt Hannes fort, mit dem Unternehmen gewachsen. Auch wenn Omicron längst kein Start-up mehr ist, den familiären Umgang mit den Mitarbeitenden konnte sich das Unternehmen bewahren. Flache Hierarchien, rasche Lösungen in privaten Notlagen und die Möglichkeit, seinen Arbeitsalltag jederzeit nach den eigenen Bedürfnissen mitzugestalten, sind bei Omicron gelebte Praxis.
„Wir wollen eine Arbeitskultur ermöglichen, die es für alle Mitarbeitenden möglich macht, kreativ zu sein und eigenverantwortlich zu handeln“, sagt Hannes. Dazu braucht es vor allem eines: Vertrauen.
„Innovate with passion, create the best place to work & change the world for the better.“
So lautet die Omicron Unternehmensvision in kurzen Worten zusammengefasst. Während Innovationskraft und der Mut, Fehler zu machen die Performance antreiben, ist „Giving Back“ ein zentraler Teil der Unternehmens-DNA: Ein Teil des Gewinns geht daher seit Jahren an die Initiative „Crossing Borders“, die gemeinnützige Projekte in aller Welt unterstützt.
Welchen wichtigen Stellenwert zudem Diversität und Inklusion haben, wird im kurzen Vortrag von Christina Röthlin deutlich. Seit Februar leitet sie gemeinsam mit Martina Stieglmeier die Change-Initative „Diversity & Inclusion“. Menschen unterschiedlichster Nationen und mit unterschiedlichsten Hintergründen oder Menschen mit Authismus – bei Omicron stehen die Türen für alle offen, erzählt sie.
Wo es jedoch noch Luft nach oben gebe, sei die Gender Diversity. Trotz aller Bemühungen sind weibliche Mitarbeitende nach wie vor in der Unterzahl. „Hier gibt es für uns noch viel zu tun, um schon Mädchen und junge Frauen für eine technische Karriere zu begeistern und für Absolventinnen von technischen Universitäten attraktiver zu werden“, sagt Christina.
Teilzeit, Karenz, Teamführung: An familienfreundlichen Lösungen mangelt es nicht – für Mütter genauso wie für Väter.
Arbeitsatmosphäre zum Wohlfühlen
In den letzten Jahren ist Omicron stark gewachsen. Nicht nur im Ausland, auch in Vorarlberg wurde laufend erweitert, Flächen und Gebäude dazu gekauft.
Seit 2015 schlägt das Herz des Unternehmens im damals neu errichteten Omicron Campus. Hier beginnen auch die Führungen, bei denen die Teilnehmer:innen im Anschluss an die Vorträge in drei Gruppen den Stammsitz in Klaus erkunden können. Viel Holz, viel Grün vor den unzähligen Fenstern und ein Zugang ins Freie aus jedem Büro lässt das Gebäude eher wie eine Hotelanlage als wie ein Bürogebäude wirken.
„Uns war wichtig, dass die Planung nicht von einer möglichst schicken Fassade, sondern von den einzelnen Arbeitsplätzen ausgeht“, erklärt Nicole Wohlgenannt. Rund 200 Mitarbeiter:innen gehen hier nach der Pandemie wieder regelmäßig ein und aus. Auch künstlerische und kreative Elemente kommen nicht zu kurz. Der „Body“, eine trotz ihrer 70 Tonnen scheinbar fließende Holzkonstruktion im Zentrum des Gebäudes, ist Blickfang und Treffpunkt gleichermaßen.
Ganz anders ist die Architektur im vor Kurzem zugekauften Showroom vis-à-vis. Dennoch: Ein Gebäude in Top-Zustand abzureißen, nur um es in einem dem Unternehmen entsprechenden Stil wieder aufzubauen? Das kommt nicht in Frage. Also finden hier umgeben von Sichtbeton die für Omicron so wichtigen technischen Schulungen mit Teilnehmer:innen aus aller Welt statt.
Im Omicron Development Center, der letzten Station der Führung, ist die Mittagspause bereits in vollem Gange. Angeregte Gespräche, das Klappern von Besteck und der Duft nach gebratenem Gemüse liegen in der Luft. Wer von den Mitarbeitenden hier bereit ist, circa 1,5 Stunden im Monat mitzuhelfen, kann auch jeden Tag kostenlos mitessen. Auch bei den Teilnehmer:innen knurren die ersten Mägen. Zeit, auch uns in die Mittagspause zu verabschieden.
Zweite Station: Haberkorn GmbH in Wolfurt
Zum Mittagessen brachte der Bus die Teilnehmer:innen bereits in Sichtweite der nächsten Station. Nach einer kurzen Stärkung ging es dann auch ein paar Schritte zu Fuß zu Haberkorn.
Am großen Tor wurde die Gruppe bereits von Personalreferentin Theresa Bolter, der Nachhaltigkeitsbeauftragten Andrea Sutterlüty und Marketing-Chef Oskar Rauch erwartet. Zum Einstieg bekamen die Teilnehmer:innen bei einer kurzen Präsentation Einblicke in die Geschichte des Unternehmens, die Aktionsfelder der Gegenwart und die Herausforderungen der Zukunft.
Das Unternehmen wurde 1932 von Frieda und Leopold Haberkorn in Bregenz gegründet und entwickelte sich in den vergangenen 90 Jahren von einer kleinen Seilerei zu Österreichs größtem technischen Händler für Industrie und Bau – mit 30 Standorten und insgesamt 2300 Mitarbeitenden.
Wertschätzender Umgang
„Wer menschlich handelt, handelt automatisch nachhaltig“, davon ist man bei Haberkorn auch heute noch überzeugt. Deshalb sind ein wertschätzender Umgang miteinander, die bewusste Gestaltung des riesigen Sortiments und der dazugehörigen Services sowie möglichst ressourcenschonende Prozesse für Haberkorn essenziell. So will das Unternehmen seiner Verantwortung für Lebensraum und Gesellschaft übernehmen.
Viele Wege führen zu flexiblerem Arbeiten
Als „Great Place to Work“ legt Haberkorn genauso viel Wert auf ein gutes Betriebsklima wie auf Gesundheit am Arbeitsplatz. Info-Veranstaltungen, aber auch Bewegungs- und Entspannungsangebote sind nur einige der Möglichkeiten, die jede:r Mitarbeitende dafür nutzen kann.
Auch zum Thema flexibleres Arbeiten habe man sich im Unternehmen in den letzten Jahren viele Gedanken gemacht, berichtet Personalreferentin Theresa Bolter. Ein Resultat daraus sei die 4-Tage-Woche, die vorerst in der Logistik-Abteilung umgesetzt wird. Möglich wird das durch ein Rotationsmodell, bei dem die Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden auf vier Tage aufgeteilt wird. Der freie Tag wechselt jede Woche. Mitarbeitende außerhalb der Logistik können ihre Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Zeit von 6 Uhr bis 20 Uhr flexibel einteilen. Die maximale Arbeitszeit pro Tag liegt bei zehn Stunden. „Beides macht es leichter, die täglichen privaten Anforderungen, sei es durch Familie oder Hobbys, mit den beruflichen zu verbinden“, sagt Theresa.
Sechs Wochen Urlaub für alle
Üblicherweise bekommt man sie erst nach 25 Jahren, doch für Mitarbeiter:innen bei Haberkorn gibt es sie sofort und unabhängig vom gesetzlichen Urlaubsanspruch: eine 6. Urlaubswoche. Wer eine längere Auszeit braucht, kann sich zudem über ein Ansparmodell bis zu drei Monaten Freizeit als Sabattical aufbauen.
Neben möglichst freier Einteilung der Arbeitszeit widmet Haberkorn auch der Bewusstseinsbildung in Sachen Nachhaltigkeit viel Aufmerksamkeit. Dazu zählen die Motivation zum Nutzen der öffentlichen Verkehrsmittel und die Teilnahme an der Jobrad-Initiative genauso wie die Gestaltung neuer Büroräumlichkeiten oder der erst kürzlich fertig gestellte Haberkorn Garten. Wie genau das eine und das andere aussieht, davon konnten sich die Teilnehmer:innen bei der anschließenden Führung durch das Unternehmen selbst ein Bild machen.
Alles von A wie Arbeitschutz bis Z wie Zollstock
Vom Abholmarkt für Handwerker, den es in dieser Form nur in Vorarlberg gibt, ging es in drei Gruppen durch den neuen Bürotrakt, in dem viel Holz und Glas sowie intelligente Lösungen für unterschiedlichste Arbeitssituationen für eine entspannte Atmosphäre und ein gutes Raumklima sorgen.
Von dort aus ging es in die teils manuell, teils vollautmatisch bewirtschafteten Lagerhallen.
Von Arbeitskleidung bis Zollstock, von Aluminiumölbehälter bis Zugankerzylinder – hier gibt es offenbar nichts, was es nicht gibt: Rund 100.000 Artikel warten hier auf ihren Einsatz. Doch erst am Montag wieder, denn als die Exkursion sich gegen 16 Uhr ihrem Ende zuneigt, sind auch die letzten Mitarbeitenden gerade dabei, ihre Arbeit abzuschließen.
Ausklang im Haberkorn Garten
Ihren Ausklang fand die Exkursion im erst im vergangenen Jahr fertiggestellten Haberkorn Garten.
Hier steht ein Lehmhaus als Sinnbild für den verantwortungsvollen Umgang des Unternehmens mit der Natur und vorhandenen Ressourcen. Rund um den Pavillon mit Stampflehmwänden, einer Holzkonstruktion und Dachbegrünung sind auch ökologisch wertvolle Habitate entstanden.
„Das Lehmhaus und der Garten sollen für unsere Mitarbeiter:innen ein erholsamer Aufenthalts- und Kreativraum sein“, erklärt Oskar Rauch. „Mit der Nutzung der umliegenden Grünflächen haben wir versucht, die Landesgrünzone in das Gewerbegebiet zu holen.“ Wer weiß, vielleicht finden sich dafür ja schon bald Nachahmer in der Nachbarschaft.
Die nächste GutePraxis-Exkursion kommt bestimmt
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