Die Bankangestellte Ruth Laner im Museum des Wandels

17. Juli 2025
Ruth Laner im Gespräch mit Kuratorin Michaela Feurstein Prasser

Vom Schilling zum Euro, vom Schreibmaschinen-Eintrag im Sparbuch zur vollelektronischen Buchung:

Mehr als 100 Gäste kamen am 2. Juli zur feierlichen Vernissage der Ausstellung Museum des Wandels im Foyer der AK Vorarlberg in Feldkirch – und sie alle wurden Zeug:innen einer außergewöhnlichen Lebensgeschichte.
 Im Zentrum stand Ruth Laner, langjährige Mitarbeiterin der Dornbirner Sparkasse, die in der Ausstellung erzählt, wie sich das Berufsbild in der Bankenwelt – und mit ihm die Gesellschaft – in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert hat. Die Ausstellung ist aktuell im Foyer der AK Vorarlberg in Feldkirch zu sehen.

Die Bankangestellte Ruth Laner im Museum des Wandels

Kalter Start – warmer Rückblick

Ihr erster Arbeitstag war ein Sprung ins kalte Wasser: August 1980, erster des Monats, volles Haus – und die 18-jährige Ruth war gerade einmal ein paar Minuten im Unternehmen. Eine lange Schlange bildete sich vor dem Bankschalter, denn damals wurden die Gehälter noch bar eingezahlt. Helfen konnte sie nicht – es war ihr erster Tag, eine Einarbeitung hatte sie logischerweise noch nicht erhalten. „Damals dachte ich: Lange bleibe ich hier nicht“, erzählt sie heute lachend. Doch sie blieb – ganze 42 Jahre lang.

Den Vernissage-Gästen erzählte die Lustenauerin von den Anfängen im Job, wie sich das Berufsbild über die Jahrzehnte verändert hat – und wie die Gesellschaft. Denn Rollenbilder, Transparenz und Gleichberechtigung haben sich wie ein roter Faden durch ihre Arbeitsbiographie gezogen. 

Gäste bei der Vernissage von Ruth Laner

Start in einer anderen Zeit

Wie anders die Uhren damals tickten, zeigt sich schon ganz zu Beginn von Ruth Laners Arbeitsleben. Denn die 18-Jährige hatte ein uneheliches Kind. Damit sie dennoch angestellt werden konnte, brauchte es ein Empfehlungsschreiben ihres späteren Chefs. Es klappte, die Bank stellte sie ein, doch von Vereinbarkeit war damals noch keine Rede: 40 Arbeitsstunden pro Woche waren gesetzt, Gleit- oder Teilzeit gab es nicht und so musste Ruths kleiner Sohn oft von ihrer Mutter betreut werden. Als die Lustenauerin später heiratete, erwog ihr Chef, ihr Namensschild gar nicht erst ändern zu lassen – schließlich würde sie ja sicher eh in kurzer Zeit wieder schwanger werden und nicht in den Beruf zurückkehren. 

Doch es kam anders: Sie wechselte vom Schalter in die Kundenbetreuung, später in die Devisen- und Dokumentenabteilung und wurde schließlich Firmenkundenbetreuerin. Daneben war sie auch als Betriebsrätin tätig und wurde später zur Betriebsratsvorsitzenden gewählt. 

Empfehlungsschreiben für Ruth Laner

Zwischen Schreibmaschine und Digitalisierung

In ihrem langen Arbeitsleben hat Ruth Laner nicht nur einen großen gesellschaftlichen Wandel erlebt – die Einführung der Gleit- und Teilzeit, die ersten Bankkonten für Frauen –, sondern auch einen riesigen technischen. Schließlich schrieb sie zu Beginn ihrer Arbeit bei der Bank noch auf einer mechanischen Schreibmaschine. „Als der Computer eingeführt wurde, dachte ich: Das werde ich nie lernen“, erinnert sie sich. „Für mich war es ein Wahnsinn, zu sehen, was dieses Gerät alles konnte – und wie sehr es meine Arbeit veränderte.“ Ebenso wie das Faxgerät, das bald darauf Einzug hielt: „Als wir das erste Mal eines in der Filiale hatten, saßen wir wie Kinder unterm Christbaum davor. Die Vorstellung, dass jemand irgendwo ein Papier in eine Maschine schiebt – und es bei uns wenige Sekunden später wieder herauskommt, war einfach unglaublich.“ Eine Revolution der damaligen Arbeit: „Dokumente, auf die man früher wochenlang wartete, kamen plötzlich innerhalb von Minuten.“

 „In meinen Anfangsjahren war es häufig so, dass Frauen nur ein Haushaltsgeld erhielten. Wenn sie mehr Geld brauchten, mussten sie ihren Mann darum bitten. Viele Frauen hatten keinen Überblick über Geldangelegenheiten und wussten nicht, wie viel ihre Männer verdienten.“

Ruth Laner

Geld, Kontrolle und Gleichberechtigung

Besonders eindrücklich erzählt Laner vom gesellschaftlichen Umbruch, den sie miterlebte. Viele Frauen hatten in ihren Anfangsjahren keinen eigenen Zugang zum Geld – Gehälter wurden den Männern bar ausbezahlt, Frauen erhielten Haushaltsgeld. Mit der Einführung der Bankomatkarte und der Möglichkeit, eigene Konten zu führen, begann sich das zu verändern. „In einigen Familien gab es große Diskussionen, als Frauen plötzlich Einsicht in die tatsächlichen Gehälter bekamen“, berichtet Laner.

Frau am Bankomatschalter

Immer noch ein toller Beruf

In 42 Jahren Arbeitsleben bei der Bank hat Ruth Laner vieles erlebt. Umbrüche, Fortschritte aber auch Anstrengendes. Würde sie sich wieder für den Beruf entscheiden? „Ja, ich glaube schon. Obwohl heute vieles dort ganz anders ist. Ich finde, es ist immer noch ein toller Beruf, in dem man seine Erfüllung finden kann.“